Wie in anderen Unterrichtssettings wird auch im Instrumentalunterricht laufend kommuniziert, Wissen transferiert und gelernt. Noten, Töne, Intervalle, Akkorde, Rhythmen usw. zählen zu den Informationen im Instrumentalunterricht und bauen sich zu unterschiedlichen Wissensgerüsten zusammen. Diese werden mit unterschiedlichen Methoden und Kanälen weitergegeben und aufgenommen. Im Rahmen der Lehrveranstaltung Wissensmanagement Methoden an der FH Burgenland habe ich unterschiedliche Methoden zum Wissenstransfer kennengelernt. Wie diese Methoden auch im Instrumentalunterricht genutzt werden können, wird in diesem Blogbeitrag beschrieben.

Das instrumentalistische Wissenstransfer-Spinnennetz

Es gibt viele unterschiedliche Wissenstransfermethoden, die in diversen Bereichen verwendet werden können. Einige Methoden sind besser für ein spezielles Fachgebiet geeignet, während andere Methoden sich in anderen Bereichen besser bewähren. Mit einer Concept Map habe ich versucht, einige Wissenstransfermethoden zu filtern, die auch im Instrumentalunterricht eingesetzt werden können. Das folgende instrumentalistische Wissenstransfer-Spinnennetz gibt einen Überblick über den Wissenstransfer im Instrumentalunterricht.

 

Abb. 1: Concept Map zum Wissenstransfer im Instrumentalunterricht (erstellt von Jasmin Wallner)

 

Da in diesem Blog Themen behandelt werden, die sich mit smarten Medien im Instrumentalunterricht beschäftigen, wurde in der Concept Map grundsätzlich zwischen Wissenstransfer mit und ohne digitale Medien unterschieden. Wie der grafischen Darstellung entnommen werden kann, ergibt sich daraus der Präsenz-, der Onlineunterricht sowie die Vermischung dieser beiden Möglichkeiten zu einem Blended Learning System. Diese Möglichkeiten bieten wiederum unterschiedliche Transferwege. Dabei wird zwischen Wissenstransfermethoden sowie Sinneskanäle unterschieden, die sich in weiterer Folge wieder verbinden. So kann der Concept Map entnommen werden, welche Sinneskanäle die einzelnen Methoden ansprechen.

Die Wissenstransfermethoden im Instrumentalunterricht sind unterteilt in die vier Formen Sozialisation, Externalisation, Kombination und Internalisation. Diese werden nun folgend mit den möglichen Wissenstransfer-Methoden für den Instrumentalunterricht vorgestellt.

Sozialisation: Think about it!

Bei der Sozialisation steht das implizite Wissen im Vordergrund. Beobachten und Nachahmen sind u.a. im Mittelpunkt. Folgende Methoden können in dieser Phase auch im Musikunterricht angewendet werden:

  • Besuche vor Ort/Hospitation: Bereits beim Zusehen wie MusikerInnen und/oder Musiklehrkräfte auf ihren Instrumenten spielen, wird implizites Wissen transferiert. Instrumentenansatz, Körperhaltung, Fingerstellung und Instrumentenposition können beispielsweise beobachtet, dokumentiert und reflektiert werden.
  • Video: Auch mit Videos kann beobachtet werden. Der Unterschied zu Besuchen vor Ort besteht darin, dass man sich bei Videos die Beobachtungsperspektive nicht aussuchen kann (außer es handelt sich um ein drehbares oder 360-Grad Video).
  • Mentoring und/oder Beratung: Bereits erfahrene InstrumentalschülerInnen beraten AnfängerInnen oder stehen als MentorInnen mit Rat und Tat zur Seite. Umgekehrt können auch erfahrene InstrumentalschülerInnen von AnfängerInnen profitieren und lernen – sowohl beim Spielen als auch in der Musiktheorie.
  • Community of Practice und/oder Wissenspartnerschaft: Eine wesentliche Wissenstransfermethode in der Musik sind sogenannte Communities of Practice oder auch Wissenspartnerschaften. Wenn sich Gleichgesinnte in Gruppen zusammenfinden und Wissen, Erfahrungen und Ressourcen teilen, können sie sich gegenseitig ergänzen. Nicht nur soziale Kontakte werden geknüpft und gepflegt, auch die Motivation zum Üben, Improvisieren und zum Lernen von beispielsweise Musiktheorie kann dadurch gesteigert werden.

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Externalisation: Bring it out!

Durch diese Form wird das implizite Wissen explizit gemacht. Dies kann beispielsweise durch Aufschreiben oder das Entwickeln von Metaphern geschehen. Folgende Methoden können dabei auch im Musikunterricht angewendet werden:

  • Kollektives Notizbuch: Mit dieser Methode können gemeinsam Ideen gesammelt werden – im Musikunterricht beispielsweise für die Komposition eines gemeinsamen Stückes. MusikpädagogInnen können auch gemeinsam Unterrichtsmethoden und -materialien oder Einsatzmöglichkeiten von digitalen Medien im Unterricht sammeln. Nach der Ideensammlung können Austausch und Diskussion noch zur Beseitigung von Unklarheiten beitragen und gemeinsam mögliche (oder auch neue) Unterrichts- oder Kompositionsansätze erarbeitet werden.
  • Gallerie der Selbtsverständlichkeiten: Damit können förderliche und hinderliche Faktoren zu einem bestimmten Thema bewusst gemacht werden. In weiterer Folge kann damit bewusst umgegangen oder auch etwas verändert werden. So kann man sich beispielsweise förderliche und hinderliche Faktoren, die sich beim Üben mit dem Instrument ergeben, aufschreiben. Blockaden, die sich beim Üben eingeschlichen haben, können so bewusst gemacht und im besten Fall geändert werden. Dies führt wiederum zu einem effektiveren Übeprozess.
  • Wertschätzende Befragung und/oder After Action Review: Eine Befragung an SchülerInnen oder auch eine eigene Erfahrungsanalyse kann den MusikpädagogInnen helfen, den Unterricht zu verbessern. Wenn man sich auf die Suche nach den positiven und negativen Punkten des eigenen Unterrichts macht, gewinnt man Erkenntnisse für guten Musikunterricht. Diese kann man nutzen und in den zukünftigen Unterricht einfließen lassen.
  • Storytelling – anschließend stärkste Veränderung: Jedes Musikstück erzählt eine oder mehrere eigene Geschichte(n). Macht man sich diese Geschichte(n) bewusst, kennt man die wesentlichen Merkmale des Musikstücks. Es werden nicht nur mehr Noten aneinandergereiht, sondern man kann beim Musizieren sinnvolle Phrasen bilden, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen. Mit der stärksten Veränderung kann das Wissen, welches aus dem Musikstück gewonnen wurde, bewertet werden und zu neuen, veränderten Geschichten zusammengefügt werden. Daraus kann man lernen und neue Musikstücke komponieren.
  • Anecdote Circle: Damit können kurze Erfahrungsgeschichten ausgetauscht werden. Beispielsweise kann im Musikunterricht das Thema Improvisation durch Erfahrungen erforscht werden. Es geht nicht darum, korrekte Antworten zu finden oder Meinungen zu bilden. Geschichten stehen im Mittelpunkt, um das Thema Improvisation näher betrachten zu können und Erfahrungen zusammenzutragen.

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Kombination: Combine it!

In dieser Phase kann das explizite Wissen nun sortiert, zusammengefügt und/oder kategorisiert werden. Folgende Methoden können im Musikunterricht dabei zum Einsatz kommen:

  • Glossar oder Wiki: Mit einem Glossar oder einem Wiki können Inhalte des Musikunterrichts und Begrifflichkeiten in der Musik notiert werden. Es können Verbindungen, Kategorien oder Zusammenhänge dargestellt und so ein Überblick verschafft werden. Ein Glossar oder ein Wiki kann auch gemeinsam aufgebaut und bearbeitet werden.
  • Goldene Regeln: Zur besseren Orientierung werden auch in der Musik goldene Regeln verwendet. Um eine goldene Regel im Tonsatz zu nennen: „Es ist nicht erlaubt, zwei Stimmen in parallelen Primen, Quinten oder Oktaven zu führen.“ Tonarten kann man sich zum Beispiel durch lustige Sprüche merken – zu den Kreuztonarten: Geh Du Alter Esel Hole Fische!“ (fehlt nur die Cis-Dur zum Schluss, die man sich so merken muss), zu den Bb-Tonarten: Frische Brötchen Essen Asse Des Gesandten Cä(e)sars!“.
  • Better Practice Guide: Darunter versteht man ein Set von hilfreichen Unterlagen, welches in der Arbeit unterstützt. Für MusikpädagogInnen können dies beispielsweise Checklisten mit Unterrichtszielen sein oder ein Poster mit einer Grifftabelle des jeweiligen Instruments im Unterrichtsraum. Auch Handbücher zur Musiktheorie, welche beispielsweise den Quintenzirkel enthalten, können praktische Guides sein.
  • Wissenslandkarte: Mit einer Wissenslandkarte bekommt man „gleichzeitig Überblick und Details zu einem Thema. So können Modelle, Strukturen und Konzepte, die einem Fachgebiet zugrunde liegen, erarbeitet, erkundet und verstanden werden“ (Hexelschneider 2018, 254). Zum Beispiel kann damit der (eigene) Lehrplan für den Musikunterricht dargestellt werden. In diesem Rahmen kann auch eine Concept Map – wie hier in diesem Blogbeitrag – eingesetzt werden. Mit einer Concept Map können Konzepte, komplexe Themen und Sachverhalte visualisiert und grafisch strukturiert werden (Reinmann/Eppler 2008, 108-111). So können damit beispielweise musiktheoretische Grundlagen visuell dargestellt werden.

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  • Learning by doing: Lernen durch Tun und Handeln ist im Musikunterricht ein wesentlicher Wissenstransferweg. Wenn man etwas selbst am Instrument ausprobiert, bekommt man selbst ein Gefühl dafür und lernt im besten Fall die eigenen Stärken und Schwächen kennen. Learning by doing trägt sowohl zur Phase der Kombination als auch zur nächsten Form der Internalisation bei.

 

Internalisation: Keep it!

Anwendung und zielgerichtetes Lernen stehen in der Phase der Internalisation im Mittelpunkt. Folgende Methoden können dabei auch im Musikunterricht verwendet werden:

  • Reflexion: Durch die Reflexion des eigenen Übeprozesses sowie der eigenen Spieltechnik ergibt sich die Möglichkeit zu lernen und das erworbene Wissen zu verinnerlichen.
  • Virtuelle Lernräume: Hier wird die Möglichkeit geboten, außerhalb des Präsenzunterrichts Kontakt mit der Lehrperson aufzunehmen und Antworten auf Fragen während der Anwendung bzw. des Übens zu erhalten. Dies kann beispielsweise mit Sprachaufnahme, Video oder Text über WhatsApp geschehen. Die Antwort der Lehrkraft ist so auch gespeichert, kann immer wieder abgerufen werden und so zur Internalisation beitragen.

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Dieses Set von Methoden für den Wissenstransfer in den vier Phasen Sozialisation, Externalisation, Kombination und Internalisation für den Instrumentalunterricht ist nun bereit für Euren Toolrucksack. Welche Methode beim Üben und Unterrichten wann eingesetzt wird, hängt vom Ziel ab. Geht Step by Step vor, setzt Euch smarte (spezifische, messbare, aktiv beeinflussbare, realistische und terminisierte) Ziele und nehmt die zum Ziel und für Euch passende Methode aus dem Rucksack heraus. Viel Spaß beim Anwenden!

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Abbildung 1: Concept Map zum Wissenstransfer im Instrumentalunterricht (erstellt von Jasmin Wallner)

 

Literatur:
Hexelschneider, Annette (2018): Digitale Wissenslandkarten für Lehre und Lernen – Forschungsbeispiele. In: Miglbauer, Marlene/Kieberl, Lene/Schmid, Stefan (Hrsg.): Hochschule digital.innovativ | #digiPH. Tagungsband zur 1. Online-Tagung. Norderstedt: Books on Demand GmbH, S. 253-271.
Reinmann, Gabi/Eppler, Martin J. (2008): Wissenswege. Methoden für das persönliche Wissensmanagement. Bern: Verlag Hans Huber.