Als ich eine meiner ersten Vorlesungen am Kärntner Landeskonservatorium besucht hatte, meinte ein Professor: “Unterrichten kann man, oder kann man nicht”. Naja, als neuer, wissbegieriger Student diente diese Aussage nicht gerade als Motivationsschub und löste bei mir fast ein bisschen eine Unsicherheit aus. Heute, 10 Jahre danach, stehe ich dieser Aussage mit einer anderen Einstellung gegenüber. Der Professor hat mit seiner Aussage schon teilweise recht behalten. Dies hat aber weniger mit den fachlichen Inhalten zu tun – vielmehr sind es die sozialen Kompetenzen, die einen guten Unterricht ausmachen. Man muss einfach gut mit Menschen umgehen können und der Unterricht sollte auch nicht “überpädagogisiert” sein. Aber einen erfolgreichen Unterricht zeichnet eines aus, nämlich die Verwendung möglichst vieler Lernfelder. Und genau dazu braucht es eine kompetente Ausbildung.

Was das alles mit Anselm Ernst und seinen Lernfeldern zu tun hat, könnt ihr in dem nun folgenden Blogbeitrag lesen.

 

So unrecht hatte der Professor damals eigentlich gar nicht. Das Unterrichten wird man nicht so einfach lernen können. Für einen guten Unterricht braucht es nämlich ein gutes “Gespür” für Menschen. Diese soziale Kompetenz wird einem in die Wiege gelegt oder eben nicht. Aber was schon erlernt werden kann – und das sag ich jetzt als einer, der strikt gegen eine Überpädagogisierung im Bildungsbereich ist – ist, wie, wann und welche Lernfelder zum Einsatz kommen können.

Aber was sind nun Lernfelder und was haben sie mit Apps zu tun?

Sehr viel. Anhand der folgenden Grafik wird sichtbar, welche und wie viele Lernfelder im Instrumentalunterricht vorkommen können. Anselm Ernst, einer der bedeutendsten Musikpädagogen der letzten Jahrzehnte, spricht beim “persönlichen Gespräch” von jenem Lernfeld, das das wichtigste ist und das alle andere Lernfelder (siehe Abbildung 1) miteinschließt.

 

Abb.1: Übersicht Lernfelder (Quelle: nach Ernst 2006, 254)

 

Kommunikation ist wohl der größte Bereich, welcher sich mit der Verwendung digitaler (Kommunikations-)Mittel verändert hat. So veränderte sich in den letzten Jahren auch das persönliche Gespräch und die zwischenmenschliche Beziehung im Instrumentalunterricht – nach außen! Aber nicht nur im Bereich des persönlichen Gesprächs gibt es Änderungen. In jedem Lernfeld sind mittlerweile zahlreiche Apps und Anwendungen vorhanden, welche kreative und vielseitige Möglichkeiten für den Unterricht schaffen. Klar, das stimmt uns jetzt vielfach positiv, aber einen Haken gibt’s an der ganzen Sache. Durch die Vielzahl an neuen Möglichkeiten in digitaler Form erweitert sich auch unser Aufgabenbereich. Unsere Arbeit wird um ein wesentliches Lern- und Lehrfeld erweitert: Nämlich um die Vermittlung von Medienkompetenz.

 

Dazu ein Auszug aus meiner Masterarbeit:

3.2.2. Vermitteln von Medienkompetenzen als zentrales Lernfeld

Aus dem Nationalen Bildungsbericht Österreichs 2015 lässt sich schließen, dass Lehrende moderne Technologien zwar für die persönliche Weiterbildung nutzen, diese aber im Unterricht kaum anwenden. Dies ist auf die mangelhafte fachdidaktische Medienkompetenz der Unterrichtenden zurückzuführen. Beim Unterricht geht es um einen „didaktisch sinnvollen Einsatz, der sich nicht automatisch alleine durch die bloße Verwendung dieser Werkzeuge ergibt. Für eine medienpädagogisch relevante Anwendung ist eine didaktische Gestaltung der Unterrrichtsszenarien notwendig (Baumgartner 2016, 98).“

 

Eine zentrale Rolle nimmt das Vermitteln eines verantwortungsvollen Umgangs mit digitalen Medien ein (vgl. ebd., 101). Aufgrund der Tatsache, dass viele Erwachsene im Saxophongruppenunterricht oft erst seit kurzem ein Smartphone oder Tablet besitzen und mit dem Gerät noch nicht vertraut sind, spielt dies nicht nur im Unterricht mit Jugendlichen und Kindern eine Rolle.

Eine ähnliche Ansicht teilt auch Barbara Gruber-Rotheneder im Handbuch Lernen mit digitalen Medien – Ein Handbuch für Erwachsenenbildung und Regionalentwicklung: „Medienkompetenz bedeutet nicht nur, digitale Medien richtig anwenden zu können, sondern auch einen reflexiven Umgang damit zu vermitteln. Um Medienkompetenz zu erwerben, ist die Bereitstellung medienpädagogischen Angebots erforderlich (Gruber–Rotheneder 2011, 50).“

Da immer mehr Menschen das Smartphone oder Tablet, sei dies beruflich oder privat, nutzen, und diese Technologien somit vermehrt im Instrumentalunterricht anzutreffen sind, müssen sich Instrumentalpädagoginnen und -pädagogen der Aufgabe der bestmöglichen Vermittlung von Medienkompetenzen stellen. Dies funktioniert grundsätzlich am besten, wenn die Verwendung von digitalen Medien im Instrumentalunterricht von der Lehrkraft gefordert und forciert wird.

Deshalb erweitert sich auch die Übersicht der Lernfelder des Einzel- und Gruppenunterrichts, die einst von Anselm Ernst erstellt wurde, um ein weiteres zentrales Lernfeld: Umgang mit Medien.

 

Abb. 2: Übersicht Lernfelder NEU im Instrumentalunterricht (Quelle: nach Ernst 2006, 254 – adaptiert von Benedikt Plößnig)

 

Ähnlich wie die Übe-Methoden nimmt auch das Lernfeld Umgang mit Medien eine zentrale Stellung in der Übersicht ein. Digitale Medien und ihre umfangreichen Möglichkeiten finden schließlich in allen Lernfeldern Anwendung. Außerdem bedarf es auch im gesamten Instrumentalunterricht der Vermittlung eines reflexiven Umgangs mit digitalen Medien.

 

Dieses Vermitteln von Medienkompetenz birgt für uns Pädagoginnen und Pädagogen neue Herausforderungen und wird in Zukunft ein immer wichtigeres Lernfeld werden. Meine Erfahrungen werde ich auf jeden Fall in weiteren Beiträgen mit euch “teilen”. Bis dahin fröhliches Musizieren – das ist doch immer noch das Wichtigste in unserem Beruf.

________________________________________________________

Abbildung 1: Übersicht Lernfelder (Quelle: Ernst 2006, 254)
Abbildung 2: Übersicht Lernfelder NEU im Instrumentalunterricht (Quelle: nach Ernst 2006, 254 – adaptiert von Benedikt Plößnig)

 

Literatur:
Baumgartner, Peter/ Brandhofer, Gerhard/ Ebner, Martin/ Gradinger, Petra/ Korte, Martin (2016): „Medienkompetenzen fördern – Lehren und Lernen im digitalen Zeitalter“, in: Bruneforth, Michael/ Eder, Ferdinand/ Krainer, Konrad/ Schreiner, Claudia/ Seel, Andrea/ Spiel, Christiane (Hg.): Nationaler Bildungsbericht Österreich 2015. Fokussierte Analysen bildungspolitischer Schwerpunktthemen, Band 2, https://www.bifie.at/node/3387  [Zugriff am 10.05.2017], S.95-131
Gruber-Rotheneder, Barbara (2011): Lernen mit digitalen Medien. Ein Handbuch für Erwachsenenbildung und Regionalentwicklung, (hrsg. vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), http://www.oieb.at/upload/4570_handbuch_digitale_medien.pdf [Zugriff am 10.05.2017]