TEIL 1: Was wir aus der Corona-Krise für den Unterricht an Musikschulen lernen müssen und welche Maßnahmen gesetzt werden müssen, um ein erfolgreiches und nachhaltiges Modell für die Zukunft zu schaffen.

Benedikt Plößnig, MA

Digitale Medien galten in den letzten Jahren als eine Art Patentrezept gegen eine vieldiskutierte Bildungskrise. Zahlreiche Bemühungen wurden unternommen, um allen SchülerInnen das digitale Lernen an der Schule und zu Hause zu ermöglichen. Für digitale Klassenzimmer samt Smartboard, mobile Endgeräte für Lehrende und Lernende aber auch digitale Kommunikations- und Verwaltungsplattformen wurden finanzielle Mittel in Aussicht gestellt und teilweise bereits investiert.

Der Unterricht, egal ob an privaten oder öffentlichen Musikschulen, war hingegen ein vergleichsweise digitalfreier Raum. Obwohl zahlreiche Angebote zu Verfügung standen, nutzten Lehrende Apps, Clouds und sonstige internetbasierte Anwendungen oft nur sporadisch für ihren Unterricht. Am meisten verbreitet waren dabei musikalische Werkzeuge wie Metronom und Stimmgeräte, die als App verwendet wurden. Interessant zu beobachten war, dass PädagogInnen aus dem Popularmusik-Bereich in der Verwendung von digitalen Tools durchaus aufgeschlossener waren als ihre KollegInnen aus dem Klassik-Sektor. Die Gründe für die Abneigung waren unterschiedlich: Angefangen bei einer grundlegenden Aversion zu digitalen Medien in künstlerischen Ausbildungen über mangelnde Medienkompetenz bei Lehrenden bis hin zu einem großem Zeit- und Arbeitsaufwand, den eine digitale Aufbereitung der Unterrichtinhalte mit sich bringt.

Was unter herkömmlichen Umständen noch viele Jahre gedauert hätte, hat sich durch eine weltweit gesundheitsgefährdende Pandemie beschleunigt. Das Corona-Virus sorgte im März 2020 dafür, dass der Instrumentalunterricht von heute auf morgen digital stattfinden musste. Die Verordnungen der Bundesregierung machten einen Besuch der Musikschulen unmöglich. Landesmusikschuldirektionen, DirektorInnen und Bürgermeister forderten daher die MusikschulpädagogInnen auf, den Unterricht in virtuelle Räume zu verlegen. Innerhalb kürzester Zeit wurde nach Möglichkeiten gesucht, den Unterricht digital zu Verfügung zu stellen. Ohne konkrete Anweisungen seitens der Verantwortlichen, aber mit erheblichem Mehraufwand aller Beteiligten, wurden kreative Alternativen am Bildschirm entwickelt und umgesetzt. Vielfach wurden die aus dem Präsenzunterricht vertrauten didaktischen Handlungen der digitalen Umgebung angepasst. Während der digitale Unterricht mancherorts vielleicht nicht so gut geklappt hat – die Gründe dafür können auch an mangelnder technischer Ausrüstung liegen – sind anderswo in kürzester Zeit neue Unterrichtsmethoden für den Einzel- und Gruppenunterricht in allen Lernangeboten entstanden.

Die Tatsache, dass mit WhatsApp Audios und Videos problemlos verschickt werden können, führte zunächst wohl dazu, dass die unter DatenschützerInnen als äußerst bedenklich eingestufte Kommunikationsplattform besonders häufig verwendet wurde. Weitere Formen des Unterrichts zeigten sich auch auf ebenso datenschutzfraglichen sozialen Plattformen wie Facebook und Instagram. Vor allem junge, technikaffine Instrumentallehrkräfte nutzen die Corona-Krise für eine mediale Inszenierung ihres Unterrichts. Dafür wurden beispielsweise einzelne Ton- und Videospuren ihrer SchülerInnen in einem Video zusammengefasst und digital verbreitet. Einzelne solcher Videos wurden sogar von diversen Fernsehstationen im Hauptabendprogramm gesendet. Was auf der Seite der Lernenden möglicherweise für einen Motivationsschub sorgte, war aus Sicht vieler DatenschützerInnen wohl äußerst bedenklich. Obwohl die Verwendung solcher Kommunikationsportale bereits im Vorfeld von den meisten MusikschuldirektorInnen untersagt wurde, scheint die Corona-Krise sämtliche Gesetze und Verbote von WhatsApp und Co außer Kraft gesetzt zu haben.

Andere PädagogInnen wiederum nutzten Kommunikationsplattformen wie Skype, Zoom, Jitsi oder Webex. Diese digitalen Dienstleister ermöglichen nicht nur einen Unterricht in Echtzeit für mehrere Personen, sondern ebenso das Aufnehmen des gesamten Unterrichtsgeschehens. Diese aufgezeichneten Unterrichtsstunden können anschließend für weitere SchülerInnen auf YouTube zu Verfügung gestellt werden. Auch an dieser Art des virtuellen Unterrichts gab es von Beginn an datenschutzrechtliche Bedenken vieler ExpertInnen. Das größte Problem liegt wohl darin, dass amerikanische Firmen nicht verpflichtet sind, die europäische Datenschutz-Grundverordnung, welche seit 2016 in Kraft ist, gänzlich zu erfüllen. Vor allem Zoom, eine Plattform die durch die Ausnahmesituation einen regelrechten Boom – auch bei MusikschullehrerInnen – erlebt hat, stand mit Fortdauer der Krise unter Kritik. Von der Verwendung der Gratis-Version von Zoom wurde sogar vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung abgeraten.[1] Während von Verantwortlichen im Bereich der Musikschulen kein offizielles Verbot ausgesprochen wurde, rechtfertigten die österreichischen pädagogischen Fachhochschulen in einer gemeinsamen Stellungnahme die Verwendung von Zoom und stuften diese Plattform als nicht bedenklich ein.[2]

Ist aber der Online-Unterricht für die Musikschule ein Thema? Ist es vielleicht an der Zeit die Musikschule als Institution völlig neu aufzustellen, oder reicht es gut funktionierende Online-Tools in den bestehenden Präsenzunterricht zu integrieren? Welche Herausforderungen kommen auf die Lehrenden zu? Dazu mehr im nächsten Blog!

 

[1] https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/beratung/corona/corona_fl/corona_ds.html [zuletzt geöffnet: 29.4.2020]

[2]https://www.phels.at/stellungnahme-zoom/?fbclid=IwAR3BOKKk5jd0RV8KmKZ34M7S_1CTIiRRqM8wNKKM‌cstObjto7Qkf66VxnxM#more-337 [zuletzt geöffnet: 29.04.2020]